Silvesterangst bei Hunden und Katzen

Das Jahr neigt sich langsam aber unaufhaltsam seinem Ende zu und damit schwebt mal wieder drohend der Schrecken vieler Hunde und Katzen und deren Besitzer über der weihnachtlichen Stimmung - SILVESTER!!!

Das alljährliche Grauen nimmt oft schon kurz nach den Weihnachtsfeiertagen seinen Lauf, sobald die ersten Feuerwerkskörper in den Läden zu kaufen sind, und dauert oft bis in den Januar hinein an.

Die Tiere (und auch die Besitzer) leiden sehr unter ihrer Angst vor den Feuerwerksknallern, manchmal ist es sogar so schlimm, dass sie tagelang nicht fressen, sich verstecken und nicht mal dazu zu bewegen sind, draußen ihr Geschäft zu verrichten. Einige Hunde versuchen sogar panisch quasi durch Wände hindurch zu fliehen und können dadurch mitunter beträchtliche Schäden am Wohnungsinventar anrichten. Oder sie fangen an, sich selbst zu benagen und sich damit teilweise schlimme Wunden zuzufügen. Egal wie stark ausgeprägt die Angst der Tiere ist, tatenlos zusehen sollte man aber auf keinen Fall!

 

Was kann man nun tun, um den betroffenen Hunden und Katzen zu helfen?

Es gibt verschiedene Methoden, die unterschiedliche Ansätze haben. Leider gibt es jedoch für keinen Patienten ein Patentrezept, so dass man manchmal erst herausfinden muss, was dem einzelnen Tier hilft.

Sinnvoll ist aber in jedem Fall eine passende Kombination aus Training,  Futterzusätzen oder Medikamenten (wenn nötig) und Umweltmanagement.

Wenn man weiß, dass der Hund extreme Ausprägungen dieser Angst zeigt, sollte es eigentlich selbstverständlich sein, die restlichen 350 Tage des Jahres für entsprechendes Training und eine behutsame Desensibilisierung zu nutzen!

 

Eine ausführliche Beschreibung zu allen Verfahren würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, wir stehen Ihnen jedoch gerne in einem ausführlichen Beratungsgespräch Rede und Antwort. Zusätzlich können Sie bei seriösen und in dieser Problematik erfahrenen Hundetrainern Unterstützung beim Anti-Angsttraining finden.

 

Womit wir schon bei den Varianten der Verhaltenstherapie wären:

  • Konditionierte Entspannung - dies ist eine grundlegende Trainingsmethode, von der unabhängig von Angstzuständen jeder Hund profitieren kann. Der Hund wird dabei darauf konditioniert, auf ein bestimmtes Signal hin zu entspannen. Dieses Signal kann ein Wort, eine Berührung, Musik, eine bestimmte Decke oder auch ein Duft sein.
  • Desensibilisierung - der Hund lernt, dass die Geräusche keine Gefahr bedeuten, indem ihm z. B. regelmäßig eine entsprechende CD über mehrere Wochen in langsam ansteigender Lautstärke vorgespielt und diese Situation positiv verknüpft wird z. B. mit ausführlichen Streicheleinheiten, Spielen, besonders leckerem Futter oder ähnlichem. Diese Methode lässt sich perfekt mit der konditionierten Entspannung kombinieren.
WICHTIG: die oben beschriebenen Trainingsmethoden können immer nur dann funktionieren, wenn sie über einen längeren Zeitraum konsequent geübt bzw. konditioniert werden. Als "Erste-Hilfe-Maßnahmen in Akutfällen" sind sie nicht geeignet.
Etwas kurzfristiger können sogenannte Nutrazeutika (Futterzusätze) eine Alternative sein. Diese basieren auf bestimmten Proteinen bzw. Aminosäuren (Eiweißbausteinen) und/oder pflanzlichen Inhaltsstoffen, die das Nervensystem positiv beeinflussen und damit angst- und stressmindernd wirken sollen.
Beispiele hierfür sind:
  • Alpha-Casozepin - dieser Stoff entsteht bei Welpen im Darm bei der Verdauung der Muttermilch und verstärkt die beruhigende Wirkung eines bestimmten Botenstoffes im Gehirn. Erwachsene Hunde können dieses Protein nicht mehr selber herstellen, aber über das Futter zugeführt ist es vergleichbar wirksam.
  • L-Tryptophan - dies ist eine sogenannte "essentielle Aminosäure", das heißt, der Körper braucht sie zum Leben, kann sie aber nicht selber herstellen. Im Gehirn findet eine Umwandlung in das "Glückshormon" Serotonin statt, welches angstlösend und auch aggressionsmindernd wirkt.
  • L-Theanin - kommt vor allem in grünem Tee vor und wird im Gehirn zu dem Botenstoff GABA umgewandelt, der ebenfalls beruhigend wirkt.
  • Vitamine des B-Komplexes - unterstützen das Nervensystem.
  • Pflanzliche Inhaltsstoffe - mit ähnlicher Wirkung wie bei Menschen sind dies z. B. Extrakte aus Baldrian, Melisse, Passionsblume und andere.
Meist handelt es sich um Kombinationspräparate, in denen sich die einzelnen Wirkstoffe ergänzen, wodurch eine bessere Wirkung erzielt werden soll. Diese Nutrazeutika können je nach Ausprägung der Angstzustände und der Empfänglichkeit des einzelnen Hundes für die Wirkstoffe sehr schnell wirken, sollten aber idealerweise schon ab einigen Wochen vor dem erwarteten Ereignis täglich verabreicht werden.
Eine weitere Möglichkeit zur Angstbekämpfung sind die sogenannten Pheromone.
  • DAP (Dog Appeasing Pheromone) - auch Pheromone dienen als Botenstoff. Das DAP ist einem Pheromon nachempfunden, dass die säugende Hündin ausströmt und damit den Welpen, die es über die Atemwege aufnehmen, ein Sicherheits- und Geborgenheitsgefühl vermittelt. Das Pheromon ist als Verdampfer für die Wohnung oder als Spray, z. B. für Auto, Transportboxen oder auch Halsbänder, die den Hunden dann bei Bedarf umgebunden werden können, erhältlich. Für Katzen gibt es übrigens ebenfalls ein spezielles Pheromonpräparat, welches auf dem gleichen Wirkmechanismus beruht und genauso wie beim Hund angewendet wird. Die Pheromone wirken immer tierartspezifisch, deshalb sind die Hundepräparate für Katzen wirkungslos und umgekehrt.
DAP (und auch das Katzenpheromon) ist eher für den mittel- bis kurzfristigen Einsatz in Stress- und Angstsituationen gedacht, funktioniert aber auch nicht bei jedem Tier zuverlässig und gleich gut. Für den Menschen ist es geruch- und wirkungslos.
Kann man mit all den oben beschriebenen Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg erzielen oder ist die Angst an Silvester zu groß oder eben nur dann vorhanden, helfen manchmal nur noch sogenannte Psychopharmaka weiter. Diese verschreibungspflichtigen Medikamente dürfen nur durch Tierärzte verordnet werden.
Da bei diesen Wirkstoffen ein nicht zu unterschätzendes Nebenwirkungsrisiko besteht, sollten sie nur nach sorgfältiger Abwägung und gründlicher vorheriger Untersuchung beim individuellen Tier zum Einsatz kommen.
Beispiele hierfür sind:
  • Alprazolam - ein dem Diazepam (Valium) ähnlicher Wirkstoff, der beruhigend und angstlösend, dosisabhängig auch sedierend (schläfrigmachend) wirken kann. Es besteht in seltenen Einzelfällen das Risiko einer paradoxen Reaktion, das heißt, dass das Tier genau gegensätzlich reagiert und noch aufgeregter und ängstlicher wird. Alprazolam kann wenn nötig im Einzelfall auch über einige Tage hinweg in niedriger Dosierung gegeben werden.
  • Dexmedetomidin - ein Wirkstoff, der häufig bei Narkosen für chirurgische Eingriffe verwendet wird, in niedrigen Dosen aber ebenfalls beruhigend und angstlösend wirkt. Auch hier kann als unerwünschte Wirkung eine Sedierung auftreten, insgesamt ist das Nebenwirkungsrisiko jedoch geringer. Allerdings kann man Dexmedetomidin nur bedingt nachdosieren und auf keinen Fall über mehrere Tage hinweg verabreichen.
  • Azepromazin - dieser Wirkstoff wurde früher in Kombination mit anderen Medikamenten zur Narkoseeinleitung eingesetzt, weil er angstlösend aber auch sedierend wirkt. Da Azepromazin blutdrucksenkend wirkt, kann es zu entsprechenden Nebenwirkungen kommen, weshalb der Kreislauf der Tiere besonders gut überwacht werden sollte. Einige Hunderassen vertragen dieses Medikament sehr schlecht, wodurch bereits Minimaldosen zur schweren Nebenwirkungen führen können. Auch Azepromazin ist nur sehr eingeschränkt und in genau abzuwägenden Einzelfällen zur Mehrfachgabe geeignet.
Mit diesen Medikamenten erhält man einen recht schnellen Wirkungseintritt, so dass auch in schweren Fällen in kurzer Zeit Angstsymptome gelindert oder sogar beseitigt werden können. Ein Suchtpotential haben die erwähnten Wirkstoffe nicht. Nur in schweren Fällen von dauerhaften Angststörungen dürfen oder müssen Psychopharmaka auch als Dauertherapie gegeben werden, dabei kommen jedoch meist andere Wirkstoffe zum Einsatz. Auch hier gehört die Verordnung und Dosierung unbedingt in die Hände eines Tierarztes, der in so einem Fall idealerweise mit einem erfahrenen Hundetrainer zusammenarbeitet.
Eine weitere Alternative sind Mittel aus der Naturheilkunde, die man auch gut mit anderen Methoden kombinieren kann:
  • Bach-Blüten Notfalltropfen oder -globuli (Rescue Remedy)
  • Bach-Blüten-Mischung zur individuellen und langfristigen Therapie
  • Homöopathische Einzel- oder Komplexmittel
  • Phytotherapeutika (pflanzliche Heilmittel)
Diese können sowohl lang- wie auch kurzfristig gegeben werden und bei der individuell richtigen Mittelwahl gute Wirkung zeigen.
Nicht zuletzt spielt auch das Umweltmanagement in Stresssituationen immer eine sehr wichtige Rolle. Darunter versteht man Maßnahmen in der Umgebung des Hundes, die es ihm erleichtern sollen, mit der jeweiligen Situation zurechtzukommen.
Hierzu gehören z. B.
  • Rollläden runterlassen bzw. Vorhänge zuziehen
  • Musik oder den Fernseher in angemessener Lautstärke anmachen, um die anderen Geräusche zu übertönen
  • Versteckmöglichkeiten anbieten, z. B. eine Ecke in einem ruhigen Zimmer, Transportbox (vorherige Gewöhnung wichtig!), evtl. sogar der Kleiderschrank...
  • Verreisen in eine ruhige Gegend
  • Rechtzeitig Gassi gehen, damit der Hund sich nochmal lösen kann und dann auch durchhält, bis die Knallerei wieder nachlässt (nicht schimpfen, wenn doch mal ein Malheur in der Wohnung passiert, der Hund macht das nicht mit Absicht!)
  • DAS TIER AUF KEINEN FALL ALLEINE LASSEN!!! IN SO EINEM FALL MUSS DIE AUSWÄRTS-SILVESTERPARY LEIDER AUSFALLEN!
ÜBRIGENS: Sie dürfen Ihren kleinen Angsthasen ruhig streicheln und beruhigen, vielleicht hilft auch ein besonders leckeres Futterstück oder eine Ablenkung in Form von Übungen, die er gut beherrscht (wenn er denn noch zu Kopfarbeit in der Lage ist); allerdings sollten Sie ihm aber auch nichts aufdrängen. Ignorieren oder gar schimpfen ist nicht nur nicht hilfreich sondern erhöht nur den Stress für den Hund! Sie möchten mit Ihren Ängsten sicherlich auch nicht gern alleingelassen werden!
Angst ist eine negative Emotion, die ein Lebewesen nicht freiwillig und gerne hat und die deshalb durch Zuwendung NICHT verstärkt werden kann: bekommt ein ängstliches Tier also positive Zuwendung in oben beschriebener Form, wird es dadurch beim nächsten Mal nicht mehr Angst haben sondern im Idealfall weniger!
Haben Sie Fragen zum Thema oder brauchen Sie und Ihr Hund ganz konkrete Hilfe, sprechen Sie uns an!
Wir beraten Sie gerne, um gemeinsam mit Ihnen eine passende Lösung zu finden. Viele der oben aufgeführten Präparate und auch Entspannungszubehör können Sie außerdem direkt bei uns erhalten.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Vierbeinern einen entspannten Jahreswechsel!
Ihr Praxisteam

Tierarztpraxis für Allgemeinmedizin, Dermatologie und Onkologie

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